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Prinzessin, Drache, Ritter

Es war die Stunde nach dem Mittagsmahl. Die Prinzessin lag in ihrer Kammer. Doch der Schlaf wollte sie heute nicht besuchen. Sie war von einer seltsamen Unruhe ergriffen und warf sich auf ihrem Bett hin und her. Schließlich suchte sie Trost in dem kleinen Medaillon, das um ihren Hals hing, welches das Bild ihres Ritters barg.
Aber was war das?
Staub hatte sich auf das Antlitz des Helden gelegt, und soviel sie auch reiben und putzen mochte, es wollte nicht den alten Glanz gewinnen. Da ließ sie den Ritter rufen und dieser eilte unverzüglich herbei. "Ritter," sprach sie "der Schlaf ist heut an meiner Kammer vorbei gegangen ohne mich aufzusuchen.
Und dann entdeckte ich dies. Schau. Dein Bild! Wo ist der Schimmer, wo der Glanz, der einst mein Herz höher schlagen ließ?"
Auch der Ritter erkannt diese seltsame Veränderung.
"Was kann ich tun Prinzessin?" fragte er.
"Ziehe ins Land und töte mir den Drachen. Hast du das Untier erst erlegt, wird dein Bild wieder erstrahlen und ich, ich werde meinen Schlaf finden." antwortete sie.

Der Ritter eilte sogleich in die Waffenkammer die eiserne Rüstung anzulegen. Das war eine Schinderei, wurde ihm doch dieser Panzer auf den Laib geschneidert, als es noch an der Tagesordnung war gegen Riesen, Drachen und Seeungeheuer zu Felde zu ziehen. Doch in den Jahren auf dem Schloss, hinter festen Mauern und bei gutem Essen, war er ein wenig aus der Form geraten und Eisen war nicht das Material, dass einem diese kleinen Sünden verzieh. Nur mit Mühe gelang es ihm sich hineinzuzwängen. Aber das höllische Zwicken um die Hüften und die zum Ersticken eingeschnürte Brust nahm er gern in Kauf, galt es doch das Ungeheuer zu strafen, das seiner geliebten Prinzessin die Mittagsruhe raubte. Zuguterletzt nahm er das größte und schärfste Schwert aus dem Schrank:
Den Drachentöter, eine Waffe geschmiedet in grauer Vorzeit und seit dem vom Vater auf dem Sohn weiter gereicht. So gerüstet konnte die Jagt beginnen. Der Ritter schwang sich aufs Pferd, ritt aus dem Tor über die Brücke und erkannte sogleich eine Spur der Verwüstungen, die sich quer durch das Land zog.
Ein altes Väterchen stand, mit den Tränen ringend, vor einem kleinen Haus. Der Zaun seines sorgsam gepflegten Rosengarten war niedergedrückt, die Blumenpracht zertreten. Da war nicht eine die noch ihr Köpfchen hob. "Der Drache. Der Drache" brachte er mit dünner Stimme hervor.
"Großväterchen ich verspreche dir, für jede geknickte Rose erhält er einen Hieb auf seinen Schuppenleib" tröstete ihn der Ritter, zählte die Opfer und schwang sich auf sein Pferd.
Am Fluss entdeckte er einen Fischer, ein Riese von einem Mann, der laut fluchend Wasser aus einem gekenterten Boot schöpfte. "Es ist nicht eine Stunde her, da hat sich der Drache mit solcher Wucht in den Fluss gestürzt, das die Wellen das Ufer überspülten als wäre es die Springflut "
Wusste der Fischer mit tiefer Stimme zu berichten. "Gen Süden ist er fort" rief er dem Ritter zu, der die Spur längs wieder aufgenommen hatte und sich im Galopp entfernte.
Schlimm waren die Untaten am Rande des Weges und laut das Klagen. Schließlich gelangte der Ritter an die Höhle des Drachen. Ein finsteres Loch im Fels, aus dem ihm schwefelig, heißer Atem entgegen schlug. Drinnen donnert ein mächtiges Herz und die Wände leuchteten rot, als würden sie aus glühenden Kohlen bestehen. Furchtlos zwang er sich durch diese Höllenpforte, auf dem Boden die ausgeblichenen Gebeine, längst besiegter Helden. Als Hitze und Gestank unerträglich wurden, war plötzlich das laute Rascheln horniger Schuppen zu hören. Der Ritter wusste jetzt war es an der Zeit allen Mut und alle Kraft zusammen zu nehmen und das Schwert zu erheben.
Den Blick hielt er gesenkt, sah nicht hin, folgte dem weisen Rat seines Vaters. Denn schlimmer noch als der Feueratem aus seinen Nüstern, ist es das Antlitz dieses Ungetüms zu sehen, verriet ihm der Alte damals auf dem Sterbebett. Schon wollte er einen Schlag führen dem keine Drachenhaut, sei sie auch noch so dick, widerstanden hätte, als er sich fragte, woher wusste der Vater über das Antlitz des Ungetüms, wenn man nicht hinsehen darf?
Er hob den Kopf und war augenblicklich starr vor Schreck. Alles hätte er erwarte, alles, ein Schlangenhaupt, ein Kyklopengesicht, aber statt dessen sah er in die funkelnden Augen seiner Prinzessin.       zurück



Rolf Puschnig 1994

Leseprobe aus dem unveröffentlichten Romanen:
"Drachentöters Abschied"